Darauf haben Menschen mit Typ-1-Diabetes seit Jahrzehnten gewartet, jetzt gibt es sie auf Rezept: die erste künstliche Bauchspeicheldrüse. Dabei handelt es sich nicht um ein Ersatzorgan – der Begriff „künstliche Bauchspeicheldrüse“ ist irreführend. Gemeint ist ein System, das Menschen mit Diabetes, die kein Insulin mehr produzieren, hilft, sich die richtige Menge Insulin zu verabreichen. „Das System besteht aus einem Zuckersensor, der den Zuckergehalt im Unterhautfettgewebe bestimmt, und einer Insulinpumpe, die über einen Katheter Insulin unter die Haut abgibt“, erklärt der Münchner Diabetologe Dr. Thorsten Siegmund im Apothekenmagazin „Diabetes Ratgeber“. Neu ist ein in die Pumpe integriertes Rechenprogramm (Algorithmus), das den Insulinbedarf alle fünf Minuten aus den aktuellen Zuckerwerten berechnet und die Insulinabgabe anpasst. Ein großer Vorteil für die Nutzer: Sie müssen den schwankenden Insulinbedarf nicht mehr ständig selbst korrigieren. Studien zeigen, dass sich durch die Anwendung der künstlichen Bauchspeicheldrüse der Blutzucker-Langzeitwert verbessert und weniger Unterzuckerungen auftreten, wie Dr. Torben Biester vom Kinderkrankenhaus auf der Bult in Hannover sagt.
Ohne manuelle Eingriffe geht es nicht
Um einen geschlossenen Kreislauf („Closed Loop“) handelt es sich bei dem neuen System nicht. Sensor, Algorithmus und Pumpe steuern die Abgabe des Insulins, das den Grundbedarf des Körpers abdeckt. Manuelle Eingriffe sind aber nötig, weshalb man von „Hybrid-Closed-Loop“ spricht. So müssen die Nutzer den Kohlenhydratgehalt ihrer Mahlzeiten berechnen und in die Pumpe eingeben. Treiben sie Sport, sollten sie den Zucker-Zielwert in der Pumpe erhöhen, um Unterzucker zu vermeiden. Zudem sind regelmäßige Sensor- und Katheterwechsel sowie Blutzuckermessungen am Finger notwendig. Die neue Pumpe gibt es auf Rezept. Dafür sind in der Regel ein Gutachten vom Diabetologen und ein Blutzuckertagebuch erforderlich.
Quelle: Wort und Bild Verlag