Der Geschichtsort Villa ten Hompel der Stadt Münster ist in den vergangenen Jahren zu einem „Dritten Ort“ der Stadtgesellschaft als Platz des Zusammentreffens und der Begegnung mit Geschichte und Kultur gewachsen. Gleich drei neue Projekte, gefördert durch Bundes- und Landesinstitutionen, werden diesen Weg der Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern über Fragen von Geschichte und aktuellen Problemlagen nachhaltig fördern.
Cornelia Wilkens, Dezernentin für Kultur der Stadt Münster: „Die Förderung der Villa ten Hompel durch die Kulturstiftung des Bundes zu digitalen Interaktionsformaten ist ein starkes und nachhaltiges Signal für die Zukunft. Es unterstreicht, ebenso wie die Förderung des Auswärtigen Amtes, der Stiftung EVZ und des Landes NRW zu deutsch-polnischen Dialogen, die bundesweite und auch europäische Bedeutung des Geschichtsortes als innovative Schnittstelle zwischen Forschung und Vermittlung.“
So wird 2021 das Projekt „Mit Geschichte im Gespräch bleiben“ entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR. Ein Team von Expertinnen und Experten wird unter der Leitung von Thomas Köhler hybride und digitale Dialogformate entwickeln, um einen nachhaltigen Dialog über NS-Geschichte, aber auch über aktuelle gesellschaftliche Problemlagen wie Rassismus und Rechtsextremismus mit Gruppen der Polizei sowie mit Schulklassen in der Villa ten Hompel und im digitalen Raum diskutieren zu können.
Mehr als 100 000 Euro stellt die Kulturstiftung des Bundes hierfür zur Verfügung. Fast 600 Kulturinstitutionen hatten sich beworben. Der „Villa“-Antrag ist eines von 68 ausgewählten Projekten. Weitere geförderte Institutionen sind etwa das Deutsche Architekturmuseum Frankfurt a.M., das Bauhaus-Archiv Dessau, das Haus der Kulturen der Welt Berlin und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
Zwei weitere mit knapp 100 000 Euro durch Drittmittel geförderte Projekte widmen sich 2021 dem deutsch-polnischen Geschichtsaustausch. Aus 105 Einreichungen haben das Auswärtige Amt und die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) 25 Projekte für das Programm „JUGEND erinnert international“ ausgewählt, bei dem bi- und multilaterale Begegnungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen an historischen Orten der NS-Verfolgung im Mittelpunkt stehen. Beim Projekt „Den Tätern auf der Spur“ werden sich deutsche und polnische Polizistinnen und Polizisten in Münster, Dortmund, Warschau und im Raum Lublin auf Spurensuche begeben zu Fragen von nationalsozialistischer Täterschaft in europäischer Perspektive. Ziel ist, ins Gespräch zu kommen über belastete Geschichte und Verantwortung heute.
Die deutsch-polnische Geschichte steht auch im Mittelpunkt eines von der Landeszentrale für politische Bildung NRW geförderten Projekts für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zum 80. Jahrestag des Massakers in der ostpolnischen Stadt Bialystok. Deutsche uniformierte Polizisten verbrannten dort, auch koordiniert aus der Villa ten Hompel als damaliger Polizeizentrale, mindestens 800 Jüdinnen und Juden in der Synagoge des Ortes bei lebendigem Leibe verbrannt und im Anschluss Tausende weitere Jüdinnen und Juden. In Fortbildungseinheiten werden auf der Grundlage einer didaktischen Mappe, die die israelische Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Kooperation auch mit der Villa ten Hompel erarbeitet hat, Fragen nach Täterschaft, Handlungsoptionen und der jüdischen sowie polnischen Perspektive auf das Verbrechen diskutiert. Eine Delegationsreise nach Bialystok und Warschau ist ebenfalls im Rahmen des Projektes geplant.
Dr. Christoph Spieker, Leiter der Villa ten Hompel: „Wir freuen uns, dass wir die Projekte zum deutsch-polnischen Dialog mit zwei langjährigen Kooperationspartnern gestalten können: der polnischen Gedenkstätte Lublin-Majdanek und der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Wir werden so noch nachhaltiger mit unseren Gästen in europäischer Perspektive die Konsequenzen für die Zukunft aus der belasteten Geschichte heraus offen und dialogisch diskutieren können.“