„Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst Münster, wo genau ist der Notfallort?“: Mit diesen Worten eröffnen die Leitstellendisponenten der Feuerwehr Münster zehntausendfach im Jahr ihre Gespräche bei Notrufen aus dem Stadtgebiet. „Ich bin auf dem Fahrrad auf der Schlösserroute unterwegs, ich weiß es nicht genau“, kann dann schon mal die Antwort lauten – vielleicht sogar auf Niederländisch oder Englisch.
Ein oft zähes Frage-und-Antwort-Spiel beginnt, wenn die Feuerwehrleute von ortsunkundigen Anrufern deren genauen Standort erfahren wollen – wertvolle Zeit geht verloren. „Bislang haben wir dann unsere Erfahrungen und Vermutungen zur Entscheidungsgrundlage gemacht“, sagt Gottfried Wingler-Scholz, Leiter der Feuerwehr Münster.
Jetzt hilft das System „Advanced Mobile Location“ weiter – kurz AML und zu Deutsch fortschrittliche mobile Ortung. Anrufer mit Smartphones, die den Notruf 112 gewählt haben, übermitteln mit der AML-Technik automatisch anonymisierte Daten und damit relativ exakt ihren Standort. Nach einer Testphase von zwei Monaten ist AML bei der Feuerwehr Münster jetzt dauerhaft verfügbar.
AML ist keine App, die man erst installieren muss, sondern bereits in das Betriebssystem vieler neuerer Smartphones integriert. Das Smartphone aktiviert automatisch GPS und WLAN und übermittelt kostenfrei den Aufenthaltsort seines Nutzers per SMS und Geokoordinaten. Da die Sensoren des Smartphones nicht sofort die genaue Position ermitteln können, werden während des Notrufes aktuelle Standortdaten mehrfach gesendet. „So wird eine möglichst genaue Angabe erreicht, auch wenn der Anrufer in Bewegung ist“, erklärt Wingler-Scholz.
Das System AML bedient sich der Funkmasten von Netz-Betreibern wie Telekom und Vodafone, öffentlicher WLAN-Bereiche sowie der GPS-Daten von Satelliten. Datenschutzrechtlich ist das Verfahren unbedenklich und freigegeben. „Alle autorisierten Leitstellen können über eine gesicherte Datenverbindung die Notrufdaten abrufen, wenn sie – wie die Leitstelle der Feuerwehr Münster – über einen Zugang zum System verfügen“, so Wingler-Scholz. Damit hält das Projekt „smartcityms“ auch Einzug bei der Feuerwehr.
In Deutschland gibt es zwei zentrale AML-Endstellen. Die anonymisierten Geodaten für Münster liefert die Leitstelle in Freiburg. Dort liegen die Daten für maximal eine Stunde vor und werden danach automatisch gelöscht. „Durch die AML-Schnittstelle ist es an der Leitstelle York-Ring möglich, den übermittelten Standort auf das Navigationsgerät im Einsatzfahrzeug zu übertragen. So können wir den Anrufer auch bei schlechtem Empfang, Verbindungsabbrüchen oder fehlenden Sprachkenntnissen schnell erreichen und helfen“, erklärt der Chef der Feuerwehr.
Notfälle und Notfallorte seien nicht vorhersehbar, betont Wingler-Scholz. Anrufer stehen in einer solchen Situation unter Stress und wissen manchmal nicht, wo genau sie sich befinden. Der AML-Dienst dient also einzig und allein der eigenen Sicherheit. Nutzer von älteren Mobiltelefonen können das System jedoch nicht nutzen.